Rosé de Terroir?

Rosé – ein aus roten Trauben hergestellter Wein, trägt gemeinhin das Image des leichten Sommerweins für die Terrasse oder den Pool unter südfranzösischer Sonne. Dies kommt nicht von ungefähr, stellen doch die südfranzösischen Regionen Provence und Languedoc den Löwenanteil des französischen Rosés. Frankreich ist zudem Weltmarktführer für das sinnliche Getränk und produziert rund ein Drittel der weltweit verfügbaren Menge.

Rosé wird gemeinhin nicht als Verschnitt von Rot- und Weißwein hergestellt, sondern besteht aus roten Trauben, wobei je nach Herstellungsmethode nur ein sehr kurzer oder längerer Kontakt des Traubensaftes mit den in der Schale befindlichen Farbstoffen stattgefunden hat.

Die Provence ist unweigerlich das Stammland des Rosé. Schon seit Beginn des Weinbaus in der Region wurde der Herstellung von Rosé ein besonderer Stellenwert eingeräumt, noch heute sind 90% der Produktion dieser Kategorie zuzuordnen. Das benachbarte Languedoc zieht nach – immer mehr Vertreter dieses Trends sind zu beobachten.

Die Fülle an provencalischem Rosé ist aber nicht gleichbedeutend mit einem Qualitätsversprechen. In der Mehrzahl findet man entweder preiswerte „Pool-Getränke“ oder aber mit Luxusimage behaftete Weine mit „bling-bling“. Einen ernsthaften Vertreter der Mitte zu finden, der auch noch herausragende Qualität bietet, ist manchmal gar nicht so leicht. Ein Beispiel für viele ist der hervorragende No.2 de Saint Martin vom gleichnamigen Château aus Taradeau, auf halbem Weg zwischen Aix-en-Provence und Antibes. Seit zweitausend Jahren wird dort Wein angebaut und das Weingut ist jetzt seit über zweihundert Jahren im Besitz einer Familie. Man legt Wert darauf, dass die Weine einen „femininen Touch“ haben – dies zeigt sich zuallererst darin, dass die Kellermeister seit über zweihundert Jahren nur von Frauen gestellt werden – eine wirkliche Ausnahme.

Die Chefinnen von Saint Martin. Bild: Château Saint-Martin

Der Wein profitiert davon, der unten abgebildete No2 zeigt opulente Erdbeer- und Himbeeraromen, eingebettet in eine würzige Struktur mit guter, erfrischender Säure. Sehr zu empfehlen!

Ist Rosé im Allgemeinen aber dennoch nur ein Trendgetränk, dem man nicht besondere Aufmerksamkeit schenken sollte? Mit anderen Worten gibt es denn gar keinen „Rosé de Terroir“, der mit Tiefe und Komplexität die besonderen Facetten seiner Herkunft widerspiegelt? Weit gefehlt! In den letzten Wochen sind mir herausragende Exemplare begegnet. Schon beim Besuch des Cave de Fleury (siehe „Entdeckung in Paris“) ist mir ein Rosé mit unglaublicher Tiefe und Komplexität begegnet. Der rosé Champagner wuchert mit opulenter Frucht und vielschichtiger autolytischer Komplexität, ohne dabei zu füllig zu wirken.

Auch im Burgund begegnet man herausragenden Exemplaren, von denen ich einen Vertreter heute besonders hervorheben möchte. Zu finden ist er in Marsannay-la-Côte, unweit der südlichen Vororte von Dijon.

Die noch relativ unbekannte Apellation Marsannay entwickelte sich in den letzten Jahren zu einer echten Schatztruhe für bezahlbare aber dennoch äußerst ansprechende Weine. Es ist zudem die einzige Village-Appellation in Burgund, die einen Rosé im Angebot hat. Im Jahr 1919, noch schwer gezeichnet von den Folgen der Reblausplage, waren neue Ideen gefordert. Joseph Clair versuchte es mit Rosé aus Pinot Noir und das Getränk wurde ein sofortiger Erfolg in den Cafés von Dijon.

Heute gibt es nur noch wenige Rosés, aber die Exemplare von guten Winzern sind eine echte Offenbarung. Einer davon ist der Rosé von Jean Fournier, dessen Weingut ich in den Neuvorstellungen noch eingehend beschreiben werde. Ein echter Rosé mit Terroircharakter. Opulente Frucht auf der einen Seite und erdige Struktur auf der anderen Seite. Exzellent!

Fazit: Rosé ist genauso divers wie viele andere Weine auch. Hinzu kommt der Lifestyle-Faktor und „bling-bling“. Auf der Suche nach dem ursprünglichen, tiefgründigen Rosé muss man schon etwas tiefer graben. Aber es gibt sie noch, die Rosés de Terroir. Santé!

Hinterlassen Sie einen Kommentar